19 Juli 2010

Studentenprototypen




Der Student an sich wird vielerorts belächelt. Es gibt viele Vorurteile, viele Schubladen und viele Fakten.
Vorurteil ist, dass Studenten ein lockeres Leben haben und immer lang schlafen. Allein dieses Vorurteil konnten, nicht nur heute, ca. 250 Studenten widerlegen, die um 8:30 Uhr eine Klausur in Frankfurt/Oder schreiben mussten. Die meisten der dort Studierenden sind Berliner, die auf Grund von Studenten aus anderen Bundesländern keinen Platz in Berlin bekommen haben, die gern in der Nähe von Polen sind um günstig einzukaufen, oder deren Durchschnitt für Jura an anderen Unis einfach zu schlecht war. Ja, Jura ist in FFO einschreibungsfrei... Es soll natürlich auch welche geben, die auf Grund des guten Rufs an die Viadrina gegangen sind (ich habe bisher allerdings nur davon gehört und noch nie jemanden getroffen). Das bedeutet man muss mindestens eine Stunde Fahrt berechnen (7:00), dann das allmorgendliche Schönheitsprogramm, welches von Studiengang zu Studiengang sehr unterschiedlich ausfällt, aber dazu gleich mehr, ca. 6:15. Frühstück, richtig aufwachen und die Tasche packen, 5:30. Ich finde nicht, dass 5:30 Uhr spätes Aufstehen, oder Ausschlafen ist.
Faulheit ist eine weitere Eigenschaft, die gern propagiert wird. Um das zu widerlegen brauche ich nur anzuführen, dass ich in den letzten zwei Wochen keine Wochenenden hatte und bei schönem Wetter (es waren fast durchgängig 30°) in der Bibliothek gesessen habe. Nach Faulheit klingt das nicht. Was man in der Bibliothek so gemacht hat ist nebensächlich. Man kann schließlich nicht 8 Stunden durchlernen, wenn so viele bekannte Gesichter um einen rumsitzen.

Ein weiteres Gerücht, welches ich als bestätigt sehe, ist, dass die Wohnungen der Studenten kurz vor Semesterende blitzen. Putzen scheint eine Voraussetzung für vernünftiges Lernen zu sein. Ich zum Beispiel saß in der Küche, habe gelernt, wurde müde und weil ich nicht ins Bett wollte, weil ich dort garantiert eingeschlafen wäre, hab ich mich auf meinen Lebensmittelkontrolleur-sauberen Boden gelegt um eine kurze Pause zu machen. Als ich dort lag ist mir aufgefallen wie dreckig doch die Unterseite der Einbauküche ist (solltet ihr mal kontrollieren... Igitt). So kann man auf keinen Fall lernen. Das geht nicht. So ein Schmutz muss eliminiert werden. Sofort! Also war erstmal 2 Stunden schrubben angesagt. Danach war es schon so spät, dass ich schlafen gehen musste, damit ich am nächsten Tag früh in die Bibliothek gehen und Feldstudien an Studenten betreiben kann.
Es ist nämlich so: man erkennt die Studiengänge am Styling der Studenten.
Da haben wir die Jurastudenten, die meistens im Rudel auftauchen. Gerne tragen sie aufeinander abgestimmte Kleidung. Ob das Zufall ist muss ich in den nächsten Wochen noch rausfinden. Bisher bin ich der Meinung, dass man nur Jura studieren darf, wenn der Inhalt des Kleiderschranks stimmt. Ralph Lauren "Safari"-Hose, Kaschmir- oder Kaschmirersatzpullover mit V-Ausschnitt und Hemd drunter, etwas längere, gegelte Popper-Frisur, Loafers und eine teure Uhr. Wahlweise bzw. Sommeroutfit ist knallige Short mit knalligem T-Shirt und knalligen Schuhen. Rainbow-Crew. Die Mädels sind komplett aufgestylt als würden sie in einen Club gehen in den ich in meinem Abi-Ball-Kleid nicht mal reinkommen würde. Sie "laufen" im tiefsten Winter mit offenen Plateau Highheels den Berg zur Uni runter und tragen ihre Handtasche in einer recht komischen Handhaltung am Handgelenk. Das Gesicht müssen sie sich morgens aufmalen, weil man sie vermutlich sonst garnicht erkennen würde. Faulheit ist das nicht. Lange schlafen erst recht nicht.
Nun zu den BWL`ern. Treten auch häufig in Gruppen auf, man hört sie schon von weitem und sehr wichtig scheint ein Handy mit viel Platz für Musik (vorzugsweise Muschi-House und Trash-RnB) und einem sehr lautem Lautsprecher zu sein. Tendenziell eher prollig. Die Typen tragen am Liebsten Picaldi-Jeans, Sneaker, Muskelshirts, oder T-Shirts mit Tony Montana drauf. Die Haare sind im "Boxerschnitt". Die Mädels haben Jahresabos bei Orsay und lieben Modeschmuck und breite Gürtel (oder sind es Röcke?!). Bei den BWL`ern gilt: wer am lautesten brüllt hat Recht.
Nun zu den KuWi`s: eher verschrien als die Esotheriker unter den Studenten. Die Schluffis, die Geisteswissenschaftler, die Gammler, Bodensitzer, Eurethmieler... Und tatsächlich scheint es auch dort eine unabgesprochene Kleiderordnung zu geben. Batik und Naturmaterialien sind sehr hoch im Kurs. Fair-Trade wird groß geschrieben. Filz ist sehr beliebt. In den Haaren und am Körper. Während die BWL`erinnen und angehenden Staranwältinnen auf der Toilette sind, um sich ihr Gesicht neu aufzumalen sitzen die KuWi`s vor der Uni auf dem Boden, rauchen Selbstgedrehte, tauschen vegane Rezepte, oder wie man den Kombucha am besten ansetzt, oder tanzen ihren Namen. Gerne wird auch über das politische Weltgeschehen mit einer Sozialpädagogenstimme philosophiert, oder es werden Gender-studies betrieben. "Die Stellung der Frau ist nämlich immernoch nicht gleich der des Mannes, was ein Skandal in der heutigen Zeit ist..."
Als jemand, der mit BWL angefangen und dann zu KuWi gewechselt hat bin ich noch nicht so recht angekommen. Ich versuche zwischen den normalen Leuten aus allen Studiengängen die Nettesten rauszusuchen. Und das klappt bisher ganz gut. Ab und zu ist es allerdings auch sehr lustig sich mit Prototyp-Studenten zu unterhalten. Auch wenn man von keiner Gruppe so wirklich angenommen wird.
Vielleicht brauche ich einfach verschiedene Outfits. An einem Tag bin ich dann BWL-Katharina, die in Leggings und knallengem, pinken Kleid mit Lockenstabgelockten Haaren zu den Ying-Yang Twins tanzt und am nächsten Tag KuWi-Katharina mit orangener Hanfhose, Zimtlatschen, einclippbaren Filzdreadlocks und anklebbaren Achselhaaren über Che Guevara und Mumia Abu Jamal diskutiert. Für den Jura-Look fehlt mir leider das Geld, welches Studenten tatsächlich, trotz aller Ermäßigungen, fehlt.
Hach, es ist schön zu studieren. Anstrengend ist es auch. In Identitätskonflikte gerät man auch sehr leicht, aber zum Glück kann ich ja am Ende des Tages in mein geliebtes Neukölln fliehen und mir den alltäglichen Wahnsinn hier anschauen, was mir die Angst, in ein schwarzes Loch zu fallen während der Semesterferien, doch nimmt. Menschen (besonders Studenten) sind toll!!!

3 Kommentare:

  1. Katharina 09:45 (Donnerstag 22.07.2010)

    so, gehe jetzt gleich mal schwimmen mit manola (ist gerade in berlin)

    (nach meinem Komentar dazu via Facebook) Soooooo ein hartes leben

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  2. nach 4 wochen durchlernen wird es ja wohl mal gestattet sein einen tag pause zu machen, oder?

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  3. haha, ich erfreue mich auch immer an den klischees. doch ich muss anmerken, dass die bwl'er an meiner uni (mannheim, nr. 1 für bwl ;) nicht dem entsprechen, was du geschrieben hast. bwl'er erkennt man bei uns vorallem an den teuren klamotten (u.a. pinke poloshirts mit dem passenden logo).

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