27 Mai 2011

Spanier sind die neuen Berliner - Wir sind Weltmeister






Es ist bestimmt schon einigen aufgefallen. In den letzten Jahren sah man vermehrt Menschen mit "Berlino" Reiseführern, die einen dann "where is Bar 25?" gefragt haben. Denjenigen hat es anscheinend bei ihrem Berlin-Ausflug so gut gefallen, dass sie beschlossen haben nach Berlin zu ziehen. Vielleicht ist es aber auch einfach nur die Rache für die Übernahme Mallorcas von Socken in Adiletten tragenden, Schnitzel essenden, Eimer saufenden und Schlager hörenden Deutschen. "Mallorca ist nun Deutsch, also machen wir Berlin Spanisch!". Ein guter Tausch? Für Einige bestimmt.

Ein anderer Grund könnte sein, dass Berlin DIE Electro-Hochburg und gefühlt jeder zweite Electro-Dj ist und hier versucht Fuß zu fassen. Dass das jedoch schon allein wegen der Anzahl der Dj`s und der geringeren Anzahl an Wochentagen, Events und Clubs nicht aufgehen kann und somit viele den "Berlin calling"-Traum nicht erreichen können, scheint nebensächlich. 
Also muss man natürlich anderweitig Geld verdienen, wenn der große Durchbruch ausbleibt. Somit arbeitet man als Kellner oder Servicekraft in einem Café oder einem Imbiss. 
Gestern, Tatort wohlbekannter Hühnchenimbiss am Görlitzer Bahnhof (nein, nicht Hühnerhaus): eine Freundin und ich: "Hi, wir hätten gern das sexy summer edition Hühnchen mit Süßkartoffel Pommes!" Koch: "Que?" Wir: "Ah, ok, dann auf Englisch. Hi, we would like to have the sexy summer chicken with sweet potato fries!" Der Koch schien immernoch nicht ganz verstanden zu haben, also mischte sich der Kassierer ein, ließ uns das Ganze nochmal wiederholen und er erklärte es dem Koch dann auf Spanisch. Nun gut... Vielleicht hab ich einfach an der Uni die falsche Fremdsprache belegt und sollte auf Spanisch umsatteln. Türkisch scheint nicht mehr so häufig gebraucht zu werden in meinem Kiez. 
22:00 gestern: Ich fahre mit meinem Hund auf dem Fahrrad nach Hause und werde Zeuge einer wahnsinnig witzigen Situation. Zwei Spanierinnen (erkannt an den Frisuren: vorne teilweise abrasiert und hinten ein kleines Zöpfchen und natürlich der Sprache) unterhalten sich angeregt und sehr vertieft auf dem Fahrradweg. Da ich den Fahrradweg kaum nutze und meistens auf dem Gehweg fahre konnte ich diese Begebenheit sehr gut von der Seite beobachten. Ein alter Ur-Berliner fährt wackelig (vermutlich kam er gerade aus seiner Stammkneipe vom Dart-Turnier) auf die beiden Mädels zu. Sie nehmen ihn nicht wahr. Er klingelt. Sie reagieren nicht. Er klingelt nochmal etwas lauter und eindringlicher. Sie schauen kurz auf und reden dann unbeirrt weiter. Er wird ungeduldig und ruft: "Ey, dit is hiern Fahrradweg und keen Jehweg!" Die beiden scheinen zu verstehen und machen in Zeitlupe den Fahrradweg frei. Ich stehe daneben und kichere.
Eine Freundin, die in einem Café in der O-Straße arbeitet berichtete mir, dass es deren Karte nun auch auf Spanisch gibt. Auf Türkisch nicht. Ich kann mich erinnern letzten Sommer so oft, wie noch nie nach der Bar25 gefragt worden zu sein, dass ich mir ein T-Shirt mit der Adresse und der Wegbeschreibung hätte drucken lassen sollen. 

Doch hat diese Invasion selbstverständlich nicht nur negative beziehungsweise nervige Seiten. Das Gefühl auf der Straße im Sommer, wenn man die Augen schließt und um sich rum nur Spanisch hört ist wunderbar. Man fühlt sich ein bisschen wie im Urlaub. Und das Tollste daran ist, dass man sich nicht auf der Insel Mallorca befindet, Mitten am Ballermann, sondern in einer so tollen Stadt wie Barcelona/Berlin. Und vielleicht könnte sich so mancher noch etwas von der lockeren spanischen Lebensart abschneiden, was das Leben manchmal so viel entspannter machen würde. Ein weiterer Vorteil ist: Wir sind Fußball Weltmeister!!!!