06 Februar 2013

Ab ins Bootcamp, Arschlochhund!!

Wer ein Haustier hat, der wird vermutlich wissen, wovon ich jetzt schreibe. Alle anderen werden sich fragen, warum man sich das überhaupt jemals freiwillig antun sollte.
Oft vermenschlichen wir unsere Viecher und denken, dass wir ihnen das Beste vom Besten zu essen geben müssen. Zu ESSEN, nicht zu fressen. Weiterlesen, ihr wisst gleich warum. Ich gehöre übrigens zu diesen Menschen, die für ihr liebstes Familienmitglied regelmäßig den Kochlöffel schwingen und sich vorher Gedanken über das leckerste Rezept machen. Ich schäme mich auch ein bisschen dafür...
In der Werbung sieht Katzenfutter leckerer aus als Mikrowellenfraß für Menschen. Hier ein kleines Petersilienblatt, dort ein bisschen sämige Soße. Nur das Beste für unser Tier. Eine Marke heißt sogar "Das Beste"... Es gibt Pussy Deluxe 100% Glutenfrei, feine Filets mit Ente und Hähnchenbrust in zartschmelzendem Gelee usw. Ich kenne viele in meinem Bekanntenkreis, die jahrelang nicht so luxuriös gespeist haben. Dann stellt man den kleinen Lieblingen das teure Menü vor die Nase und erntet keinen Beifall oder Begeisterung ob des traumhaften Dinners, sondern einen abwertenden und völlig angewiderten Blick. Andererseits wird im Park kein Haufen menschlicher Scheiße ausgelassen. WAS ZUM TEUFEL SOLL DAS? 



Weiter geht`s. Man steht im Tiergeschäft und sucht das beste Spielzeug für`s Tier. Kuscheltiere mit Sound, Bälle in den verschiedensten Varianten (gegen Zahnstein, intelligenzfördernd, für besseren Atem usw.) und sogar Brettspiele! Alles für einen Preis, bei dem man hofft, dass die Teile bis zum Ende des Lieblings halten werden. So würde sich aber kein Geld verdienen lassen. Zuhause bekommt man wieder einen abschätzigen Blick und ein abfälliges Schnauben. Der 10 Euro Ball war wohl nicht genehm! Na vielen Dank auch!
Nun haben mein Mann und ich eine Sendung im Fernsehen gesehen: Die strengsten Eltern der Welt. Dort werden unerträgliche Arschlochkinder bzw. Jugendliche in die Abgeschiedenheit zu einer Bauernfamilie geschickt, wo sie sich ihre Zickereien nicht erlauben können. Sie müssen ihre Zigaretten abgeben, Kühe melken, Hühner ausnehmen, in Lumpenbetten schlafen und haben auch sonst absolut keinen Luxus! Sie werden dort gebrochen und kommen als liebe, nette und Eltern respektierende Vorzeigekinder zurück. "Toll", dachten wir uns, das wäre genial für unseren Arschlochhund! Der hat keine Ahnung, dass es ihm bei uns gut geht. Er darf auf`s Sofa, unter die Bettdecke, was er auch mit nächtlichem Armkratzen einfordert, bekommt Luxusessen, Luxusspielzeug, viel Zeit, Liebe und noch viel mehr Aufmerksamkeit. Wie wäre es, wenn wir ihn in ein Hundebootcamp nach Sibirien schicken?! Er muss sein weiches Geschirr direkt vor der Zwingertür abgeben und gegen einen kratzigen Strick eintauschen. Goodbye weiches Traumkuschelkörbchen mit Microfaser-Kopfkissen und Schafsfelleinlage. Goodbye Rindergulasch, Putenbrust, Pansen, Hundeheroin (Frolic). Kein frisches Wasser aus dem Wasserhahn, sondern abgestandenes, eine Woche altes Gammelbrunnenwasser! Ha, wenn du zurück bist, dann wirst du nie wieder etwas verschmähen! Sofa? Bett? Unter die Bettdecke? VERGISS ES! Du willst also Ball spielen? Mit welchem Ball? Hier gibt`s nur Stöcker und die werden dir abgenommen, damit geheizt werden kann. Angst im Dunkeln? Mach dir dein eigenes Feuer! Kannste nicht? Pech gehabt! Dir ist kalt und du verlangst nach deinem Kashmere-Pullover? Beweg dich, dann wird dir warm! Zwischen deinen Pfoten haben sich Eisklumpen gebildet? Was nicht tötet, härtet ab. Du fühlst dich unpässlich, träumst schlecht oder dir schmeckt das billige Dosenfutter nicht? Wer jammert wird bestraft. Ha, dir werden wir es zeigen! Du wirst nie wieder Essen verschmähen oder deine Menschen herumkommandieren!
Nun ist unser Hund aber nunmal ein Hund. Selbstreflektion? Nicht vorhanden. Unser Plan würde nicht aufgehen. Im Endeffekt würden wir ihn vermutlich nur vermissen und leiden. Keiner, der nachts am Arm kratzt, fiepst, wenn er schlecht träumt, mich wachstarrt, wachpupst, aus Langeweile wachfiepst und mich so bezaubernd begrüßt, wenn ich nach Hause komme. Nichts! Also behalten wir lieber unseren kleinen Arschlochhund und ich erzähl ihm nachher zum Einschlafen von den armen Hunden, denen es nicht so gut geht, wie ihm! Das muss reichen.

16 Januar 2013

Dschungelcamp - Die Antwort auf die Fashion Week

Das aktuelle Fernsehprogramm muss von einem Berliner stammen! Ein Berliner, der den Otto Normal Berlinern ein bisschen Freude schenken möchte im Rollkoffer-ziehenden-Modemenschen-eisiggrauen-Winter-Grosstadtdschungel Berlins.
Pünktlich zum Beginn der Fashion Week und der Bread & Butter Messe beginnen Fernsehhighlights wie "Der Bachelor", "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" aka "Dschungelcamp", "Traumfrau gesucht" und "Deutschland sucht den Superstar". 
Zur Fashion Week in Berlin verwandelt sich die ganze Stadt in ein inneres Drill Instructor Camp für die mentale Stärke! "Du darfst nicht ausrasten, du musst lieb zu lärmenden Touristen sein, die sind harmlos und verschwinden wieder, sie bringen Geld in die Stadt, bleib ruhig, wenn du zum gefühlten fünftausendsten Mal nach dem Weg zum Flughafen Tempelhof gefragt wirst!" flüstert mein innerer Drill Instructor mir zärtlich ins Ohr, wenn ich mich mit meinem Hund an einer Armada Rollköfferchen ziehender in Mode oder Medien machender Menschen vorbeidrücke, die gerade mal wieder direkt am Ende der Rolltreppe stehen geblieben sind. Da überdenkt man jeden Schritt vor die Tür mehrmals, bis der ganze Trubel wieder vorbei ist und man entspannt durch die Straßen marschieren kann. 
Das Fernsehprogramm schenkt  uns armen Normalos, die keine Akkreditierungen für 5 verschiedene Shows an einem Tag haben und die danach noch auf 10 verschiedene After-Show-Partys müssen, ein bisschen Sonnenschein. 
Da ist zum Einen der süß verpeilte und vollkommen weltfremde Joey. Joey wurde irgendwann bei Deutschland sucht den Superstar irgendwas in den Top 10. Zahlreiche weitere Top-VIPs vollenden die illustre Runde im Australischen Dschungel. Ja, im Dschungel und nicht wie von Joey vermutet in einem Kölner Studio. Eine Fünftplatzierte von Germany`s next Topmodel vor ein paar Jahren, eine nicht Erste von der letzten Staffel des Bachelors, längst vergessene Kinder von Hollywoodstars, Mütter von Reality-TV-Stars, ein Clown einer unbekannten One Hit Wonder Band aus den 90ern UND Olivia Jones. Crossverheizung nennt sich das auch, was RTL da betreibt. Die Teilnehmer aller Shows können sich sicher sein, dass RTL sie nicht arbeitslos werden lässt. Und falls das doch passieren sollte, dann wird deren Arbeitslosigkeit zumindest noch bei "Mitten im Leben" oder "RTL Punkt 12" gezeigt, womit dann wieder Geld in die Kasse kommt. Oder sie werden eben in den Dschungel geschickt. 
Neben den üblichen Geständnissen a la: "Ich war pornosüchtig!"(Patrick Nuo. Vermutlich der Grund für die 8-jährige Studioarbeit an seinem nächsten Album) oder "Ich habe Marihuana und Crack geraucht!" (Joey) über "Ja, ich habe einen Penis!" (Olivia Jones. Mit dieser Antwort hatte Joey nun wirklich nicht gerechnet.) bekommt der von der Fashion Week Geplagte noch weitere Highlights geboten:
Die Creme de la creme des deutschen Fernsehschmutzrandes-unter-Bunte-Zeitschriften-Redakteurinnen-Fingernägeln versüßt mit geballtem Wissen jeden tristen After-Partylosen Abend. Man lernt, dass Hip Hop in Heidelberg erfunden wurde (DSDS), Dummheit nicht Selbstverschulden sondern nur Pech beim Denken ist (Dschungelcamp), Transsexualität ein chinesischer ICE sein könnte (Dschungelcamp) und Jägerinnen auch gleichzeitig Erotikproduktemodels sein können, die zufällig auch selbst Wurst herstellen (der Bachelor). Echtes Bildungsfernsehen mit Spaßfaktor. Vor allem kann man ganz einfach den Fernseher ausschalten, wenn es doch zu viel werden sollte und man Angst bekommt das Gehirn könnte verschlorzen. Dies kann man auf der Fashion Week nicht, wo ungefähr die gleiche Prominenz anzutreffen ist wie im Dschungel. Man ist dem gesamten Elend vollkommen hilflos ausgeliefert. 
Und wenn dieser ganze Irrsinn in einer Woche wieder vorbei ist, dann beginnt das Ganze von Neuem. Diesmal allerdings nicht mit Modemenschen, sondern Filmmenschen! Berlinale! Juhu! 
Wenn gefragt werde, wo irgendeiner der Austragungsorte superstylisher und hochexklusiver Szeneveranstaltungen ist, dann schicke ich sie an den Alexanderplatz, dann weiter mit der U5 Richtung Hönow bis zur Endstation! Viel Spaß und gute Reise!
In diesem Sinne: Ich hoffe, dass ich morgen nicht tot aufwache, damit ich ja nicht verpasse, was im fernen Australien so passiert!