01 Juni 2010

Eine Lanze brechen für Herzchen in den Augen


In letzter Zeit höre und lese ich überall nur wie glücklich man als Single sein sollte. Single-Live-Style-Berater in Frauenmagazinen, "wie werde ich ihn los?"-Artikel, Single-Urlaub und wie schrecklich eine Beziehung doch sein kann.
Ja, eine Beziehung kann schrecklich sein. Schrecklich nervenraubend, anstrengend, lieblos, nebenher gelebt, fantasielos. Aber jetzt kommts: eine gute Beziehung mit einem tollen Partner, dem man zu dreihundert Prozent vertraut, dem man sich mit geschlossenen Augen rückwärts in die Arme fallen lässt, ist etwas Wunderschönes. Ich kann auch ohne Mann ein schönes Leben führen. Das geht! Aber wie toll ist es, wenn man den richtigen Partner gefunden zu haben glaubt? Man fühlt sich komplett. Es ist schwer zu beschreiben. Man wusste nie, dass man nicht komplett ist, dass ein Puzzleteil fehlt, bis er kam.
Klar, am Anfang hat man die rosarote Brille auf und hüpft, halb blind und irgendwie geistig ziemlich eingeschränkt durch die rosa Zuckerwattewelt. Überall sind Schmetterlinge... frisch getrennte Menschen versuchen dich, während du im Park sitzt und mit deinem Liebsten knutscht, zu vergiften. Andere kriegen einen Zuckerschock, wenn sie zuhören, welche Absurditäten im Liebesrausch ausgetauscht werden.
Studien beweisen, dass Verliebte einige Zeit wie unzurechnungsfähig sind. Man isst weniger, hat ständig Sehnsucht, redet wirres Zeug und läuft mit einem grenzdebilen Lächeln durch die Gegend. Alles, von Außen betrachtet, ziemlich unsinnig.
Und trotzdem kenne ich niemanden, der dieses Gefühl nicht mag. Allerdings stellt sich erst nach dieser kurzzeitigen geistigen Behinderung heraus, ob es wirklich Liebe ist. Liebe ist nicht immer nur rosa. Liebe ist auch mal lila, grün, rot und manchmal auch pechschwarz. Das alles gehört dazu, macht den Alltag spannend.
Man fühlt sich sicher und geborgen, verstanden und vollkommen akzeptiert, wie man ist. Liebe ist, wenn der andere dich zu einem besseren Menschen macht, ohne dich verändern zu wollen.
Und das ist kein Geschnulze. Es ist schöner als Herzklopfen, es gibt Sicherheit.
Und jetzt kommen wieder die Singles, die sagen, dass sie es genießen ihre Freiheit zu haben. Der Fehler an diesem Gedankengang ist allerdings, dass man in einer guten Beziehung keine Einschränkungen hat. Keine Freiheit bzw. gefängnisähnliche Zustände hat man nur, wenn etwas nicht stimmt. Keiner sollte eingeengt werden. Dann ist man auch frei, wenn man gebunden ist.

Und ist es nicht viel angenehmer nicht daten zu müssen? Dates sind lästig. Dates sind anstrengend. Schon das Getue bis es überhaupt zu einem Date kommt ist anstrengend. Telefonnummern tauschen, warten, bis er anruft, er ruft nicht an, also selber anrufen und dummen Grund ausdenken, Date ausmachen, Klamotten kaufen, Klamotten wieder umtauschen (man will sich ja nicht verkleiden), Klamotten doch wieder kaufen (bisschen verkleiden schadet nicht), oberflächliches Rumgeplänkel, peinliche Gesprächspausen, die mit Dingen wie: "Hm, das Wetter ist aber nicht optimal für Juni!" füllt. Sex am ersten Abend? Erlaubt? Wird es was Ernstes, wenn man es macht? Oh Gott, mir drehen sich bei dem Gedanken an sowas die Zehennägel hoch.
Meine Dates sehen so aus: entspannt baden gehen, irgendwas anziehen (klar, man macht sich trotzdem noch hübsch; nur weiß man mittlerweile, was der Mann toll findet und was nicht), mit dem Liebsten kochen, ab aufs Sofa, Film gucken, Händchen halten, knuscheln und einschlafen. Großartig. Gesprächspausen sind nicht peinlich. Wenn man gut zusammen schweigen kann, dann ist das was Schönes. Sicherheit, Geborgenheit, Vertrauen, Entspannung...
Ich kann sagen, dass mein Freund auch mehrere Personen in einem ist. Er ist keine gespaltene Persönlichkeit, aber er vereint eben viele wichtige Menschen. Er ist zum Beispiel mein bester Freund, mein Personaltrainer (Sex ist der beste Sport und Sex mit Liebe verbrennt angeblich noch mehr Kalorien), mein Leibkoch, mein Therapeut, mein eigener Comedian, meine Familie, meine Jukebox, mein Handwerker und mein Seelenverwandter.

Genug für tolle Beziehungen plädiert. Im Endeffekt muss jeder seinen Weg selbst aussuchen, aber ich bin immernoch der Meinung, dass es keine menschlichen Woks gibt. Wir sind alle Töpfe für die es Deckel gibt. Manchmal ist der Deckel nur vielleicht weit hinten im Schrank versteckt und man findet ihn erst, wenn man auszieht...
Ich glaube das Glück zu haben meinen Deckel jetzt schon gefunden zu haben und ich wünsche wirklich jedem dieses wahnsinnige Gefühl.

3 Kommentare:

  1. wunderschön und treffend geschrieben.
    meinen "deckel" hab ich wohl auch schon gefunden und kann das (abgesehen von der menschlichen jukebox, die ist mein deckelchen sicher nicht) einfach so unterschreiben.

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  2. dankeschön!
    viel glück mit deinem deckelchen :-)

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  3. schön geschrieben! googe suche: "herzchen in den augen"

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